How to: Ein Ölgemälde fotografieren

von Urs Recher

In den verschiedenen Ausbildungswegen zum Fotografen oder zur Fotografin scheint die Reproduktion eine der einfachsten Übungen zu sein: Zwei Lichter, je 45° von beiden Seiten, gleiche Leistung, fertig. Das mag funktionieren bei gedruckten, flachen und nicht eingerahmten Vorlagen. Bei allem, was komplexer ist (Kunst in einem Rahmen, Strukturierte Medien wie z.B. Aquarelle, reflektierende Oberflächen und dreidimensionale Kunstobjekte wie z.B. Collagen) scheint es sinnvoller zu sein, Beleuchtungstechniken aus der Produktefotografie anzuwenden, statt stur dem Repro-Rezept zu folgen.

Dies sei hier anhand eines antiken Ölgemäldes gezeigt:


Links im Vergleich die Reproduktion «nach Rezept», also mit 2 Softboxen im 45°-Winkel von beiden Seiten. Leicht erkennbar ist diese Lichtführung am symmetrisch glänzenden Bilderrahmen. Eine homogene Lichtverteilung zu erreichen ist so natürlich sehr einfach, das zu weiche Licht wird aber der Oberflächenbeschaffung nicht gerecht, gibt das Bild zu matt wieder.

Es sollte daher tendenziell mit härterem Licht gearbeitet werden, hier mit einem Normalreflektor P70. Bei solchen Sets mit nur einer Leuchte wird eine homogene Lichtverteilung erreicht, indem die Lichtquelle weit vom Objekt entfernt positioniert wird. Fokussierung der Leuchte (und Richten auf die weiter entferne Kante des Objekts) ist der Homogenität ebenfalls zuträglich. Die hier eingesetzte Pulso G Leuchte bietet diese Möglichkeit an.

Um dominante und dadurch störende Glanzstellen zu vermeiden, könnte das Licht in einem flachen Winkel (mindestens 45°) aufgestellt werden. Hier ist dies nicht möglich, da der Bilderrahmen harte Schatten auf die bemalte Leinwand werden würde.

Diese Schatten konnten im vorliegenden Beispiel mit einem Lichteinfallswinkel von rund 15° vermieden werden. Da jetzt aber die Oberfläche stark glänzte, musste mit Polarisationsfiltern gearbeitet werden. Oft wird empfohlen, dass die Polarisation-Richtungen der beiden Filter (je einer vor der Leuchte und vor der Kamera) sich mit genau 90° kreuzen. Dies führt aber praktisch immer zu Fehlfarben, wie hier im Vergleich rechts deutlich zu sehen ist.

Das subjektiv beste Resultat wurde mit einem Winkel von 70° zwischen den Polarisationsebenen der beiden Filter erreicht. Die Farben waren sehr nahe am Original und die Oberflächenstruktur war – ohne störende Reflexe - gut zu erkennen.


Fotografiert wurde mit eine Mittelformatkamera und einer Brennweite von 150mm. Bei einer Empfindlichkeit von ISO 100 und einer Verschlusszeit von 1/180 s betrug die Blende 11,0.

Das Licht fiel in einem Winkel von 15° auf das Objekt und die Polarisationsebenen der Filter unterschied sich um 70°.

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