Es gibt im Wesentlichen vier Ansätze für das fotografische Porträt: Die konstruktivistische, die umweltbezogene, die spontane und die kreative. Jeder von ihnen wurde im Laufe der Zeit aus unterschiedlichen technischen, künstlerischen oder kulturellen Gründen verwendet.

Der konstruktivistische Ansatz ist, wenn der Fotograf in seiner Arbeit ein Konzept um das Porträt herum aufbaut. Der kreative Ansatz ist der, bei dem digitale Manipulationen (die früher in der Dunkelkammer vorgenommen wurden) angewendet werden, um Bilder aufzubauen. In der Porträtserie Rasgos Comunes von Loreto Villarreal wird die Dynamik des Sehens dramatisch verändert, wenn das Subjekt physisch größer wird als der Betrachter. Villarreal recherchierte die Geschichte der formalen Porträtmalerei und entschied sich für einen möglichst neutralen Porträtstil, der wiederum durch digitale Manipulationen abstrahiert wird.

Die Bilder stellen immer eine Person dar, die von vorne gezeigt wird und dem Betrachter zugewandt ist. Der Kopf des Subjekts nimmt den größten Teil des Rahmens ein, und seine Merkmale werden in einer neutralen Anordnung festgelegt. Der leere Ausdruck und die flachen Töne im Bild verraten wenig über die Persönlichkeit des Modells. Die Arbeiten der Serie sind in ihrer Größe identisch und zeigen ein männliches oder weibliches Subjekt. Die Porträts, die als Repräsentationen von Individuen fungieren und standardisierte Gesichter festhalten, könnten daher als eine Reflexion über den Wert der fotografischen Abbildung und die Dokumentation des Individuums als kulturelle Synthese betrachtet werden. Ihre Neutralität schließt jeden Versuch aus, Anhaltspunkte zu finden, die mehr über die Herkunft oder den Kontext des fotografierten Subjekts verraten. In diesem Sinne könnte der Realismus dieser Porträts sowohl die Quelle ihrer Assimilation an den Betrachter sein, als auch ihre Vagheit potenziell befremdlich wirken.

loretovillarreal.com
www.instagram.com/rasg...
www.instagram.com/lore...