Hypersync einfach erklärt von Fabio Gloor - Teil 1

Fabio Gloor

Immer wieder tauchen Fragen zu HyperSync und Highspeed Sync auf. Deshalb möchte ich dieses Thema im Detail erklären. Da es sehr umfangreich ist, werde ich es in zwei Teile aufteilen. Hier in diesem ersten Blog-Beitrag werde ich theoretisch erklären, wie HyperSync funktioniert. Im zweiten Teil werde ich anhand eines praktischen Beispiels zeigen, wie man es einsetzt. Dabei werde ich Ihnen auch einen netten Trick zeigen, wie Sie HyperSync mit dem broncolor RFS verwenden können.

Doch konzentrieren wir uns vorerst auf die Theorie.

X-Sync Zeit
Normalerweise funktioniert ein Kameraverschluss folgendermassen:

1) Der erste Vorhang öffnet sich und gibt den Blick auf den Bildsensor der Kamera frei.
2) Sobald der erste Vorhang vollständig geöffnet ist, wird der Blitz ausgelöst.
3) Der zweite Vorhang schliesst sich und deckt den Bildsensor ab, so dass kein Licht mehr auf ihn trifft.

So weit, so gut! Aber was ist die X-Sync-Zeit?

Es ist eine Tatsache, dass die Verschlussvorhänge eine bestimmte Zeit benötigen, um den Bildsensor zu passieren. Diese Zeit ist von Kamera zu Kamera unterschiedlich, beträgt aber normalerweise etwa 1/250s. Die X-Sync-Zeit ist also in Wirklichkeit die Zeit, die der Verschluss braucht, um über den Bildsensor zu laufen.

Wie kann ich also ein Bild mit einer kürzeren Belichtungszeit als die X-Sync-Zeit aufnehmen?

Das ist möglich, weil diese kürzere Belichtung tatsächlich nur für einzelne Bildpunkte existiert. Der Verschluss der Kamera ist nie vollständig geöffnet. Das heisst, der zweite Verschlussvorhang beginnt sich zu schliessen, während der erste Vorhang noch geöffnet ist. Es handelt sich also um eine Art Scanvorgang. Es funktioniert folgendermassen:

1) Der erste Verschlussvorhang beginnt sich zu öffnen
2) Der zweite Verschlussvorhang beginnt sich zu schliessen, während der erste Verschlussvorhang noch geöffnet ist.
3) Der Effekt ist, dass nur ein schmaler Spalt geöffnet ist (seine Breite hängt von der gewählten Belichtungszeit ab) und die einzelnen Pixel für die richtige Zeitdauer belichtet werden.

Warum brauchen wir dann HyperSync? Kann ich nicht schneller blitzen als mit X-Sync?

Die kurze Antwort lautet: Nein.

Das Problem ist, dass der Blitz ausgelöst wird, sobald der erste Vorhang vollständig geöffnet ist. In dieser Situation ist aber der zweite Verschlussvorhang bereits in Aktion und verdeckt einen Teil des Bildes. Dieser Teil wird also nicht belichtet und erscheint als dunkler Balken über dem Bild. Schauen wir uns das Ganze Schritt für Schritt an:

1) Der erste Verschlussvorhang beginnt sich zu öffnen
2) Der zweite Verschlussvorhang beginnt sich zu schliessen, so dass die einzelnen Pixel für die richtige Zeitspanne belichtet werden.
3) Der Blitz wird ausgelöst, wenn der erste Verschlussvorhang vollständig geöffnet ist. Der zweite Verschlussvorhang hat aber bereits einen Teil des Bildes abgedeckt. Es ist also nie der gesamte Bildsensor vollständig für das Licht geöffnet
4) Und dort, wo der zweite Verschlussvorhang über dem Bildsensor liegt, erscheint ein dunkles Band im Bild.

Wenn Sie also mit Blitz arbeiten, sind Sie auf eine Belichtungszeit von etwa 1/250s beschränkt. In Innenräumen ist das kein Problem, denn mit broncolor können Sie 1/10000s blitzen. Das heisst, in einem dunklen Studio kann der Verschluss so lange offen sein, wie er will. Das Bild wird nur durch den ultrakurzen Blitz belichtet und wird gestochen scharf sein. Im Freien ist die Situation völlig anders. Mit einer Belichtungszeit von 1/250s bekommt man selbst bei ISO 100 unheimlich viel Licht auf das Bild. Das heisst, selbst wenn ich den schnellsten Blitz der Welt habe, wird mein bewegtes Motiv immer noch nicht scharf sein. Das andere Problem ist, dass man aus genau diesem Grund den Blitz nicht mit einer grossen Blende verwenden kann. Denn wenn ich im Freien mit 1/250s und Blende 1,4 fotografiere, wird mein Bild allein durch das Sonnenlicht überbelichtet sein. Warum also die Mühe mit dem Blitz.

HyperSync – die Lösung
HyperSync gibt uns eine Möglichkeit, die Einschränkung durch die X-Sync-Zeit zu umgehen. Sicherlich hat jeder, der dies liest, schon davon gehört, aber nicht so viele wissen, wie es genau funktioniert und worauf man achten muss.

Dies ist eine Blitzkurve, die uns allen bekannt ist. Wie bereits erläutert, wird der Blitz ausgelöst, wenn der Bildsensor freigelegt ist. Dieser Blitz verblasst dann und der Bildsensor wird wieder abgedeckt. Wir wollen aber die Belichtungszeit so einstellen, dass der Bildsensor nie ganz unbedeckt ist. Um dies zu erreichen, brauchen wir so etwas wie ein Dauerlicht.

Wie Hypersync funktioniert
Um aus Sicht des Bildsensors eine Dauerbeleuchtung zu erzeugen, muss der Blitz länger brennen als die Zeit, die der Verschluss braucht, um über den Sensor zu laufen. D.h. länger als die X-Sync-Zeit, die, wie bereits erwähnt, in der Grössenordnung von 1/250s liegt. Ausserdem muss der Bildsensor beleuchtet werden, bevor der erste Verschlussvorhang vollständig geöffnet ist. Oder genauer gesagt, bevor dieser auch nur ein Pixel des Bildsensors freigelegt hat. Das funktioniert folgendermassen:

1) Der Blitz wird ausgelöst, bevor auch nur ein Pixel des Bildsensors freigelegt ist
2) Der erste Verschlussvorhang beginnt sich zu öffnen
3) Der zweite Verschlussvorhang beginnt sich zu schliessen. Diese Vorgänge ergeben zusammen den oben erwähnten Abtastvorgang.
4) Der Blitz brennt weiter und hört erst auf, wenn der Abtastvorgang abgeschlossen ist. Aus diesem Grund benötigen wir eine möglichst lange Blitzdauer.

Je länger die Blitzdauer, desto besser

Das mag ungewöhnlich erscheinen, aber so ist es wirklich. Auf der anderen Seite hat HyperSync auch ein paar kleine Tücken. Einige von Ihnen wissen vielleicht schon, wohin das führt.

Es verbraucht sehr viel Energie
Da die volle Lichtmenge nicht den kompletten Bildsensor erreicht, wird viel Licht verschwendet. Wundern Sie sich also nicht, wenn Sie beim Umschalten auf HyperSync ein Bild haben, das dunkler ist als vorher.

Das Bild wird einen Helligkeitsverlauf haben
Wenn Sie sich die Blitzkurve ansehen, dann können Sie erkennen, dass das Bild am Anfang mehr Licht erhält als am Ende. Wenn der Blitz abklingt, wird die Lichtmenge reduziert. Der Effekt ist, dass Ihr Bild am unteren Ende heller ist als am oberen Ende. Aus diesem Grund ist es bei HyperSync wünschenswert, eine möglichst lange Blitzdauer zu haben (dadurch wird die Kurve flacher). Dieses Phänomen wird in der folgenden Animation gut simuliert.

Der ein oder andere von Ihnen wird vielleicht denken, dass dies nicht wirklich ein Problem ist. Ich könnte einfach eine Helligkeitskurve über das Bild legen, um es zu korrigieren. Der Grundgedanke mag richtig sein, aber in der Praxis wird HyperSync meist im Aussenbereich eingesetzt. Das heisst, wir haben eine Situation, in der echtes Dauerlicht vorherrscht, aber mit Blitzlicht kombiniert wird. In diesem Fall muss das Bild nur dort korrigiert werden, wo der Blitz wirksam ist, während der Rest des Bildes so bleiben soll, wie er ist.

Farbechtheit nicht gewährleistet
Wie oben erwähnt, kann man im Studio dem Problem mit dem Helligkeitsverlauf entgegenwirken. Allerdings hat eine Blitzkurve am Anfang nicht die gleiche Farbtemperatur wie am Ende. Aus diesem Grund ist bei HyperSync die Farbechtheit nicht gewährleistet.

Schlussfolgerungen
HyperSync ist ein fantastischer Vorteil. Aber es hat ein paar Tücken und ist kein Ersatz für einen Kurzzeitblitz im Studio. Vor allem im Freien ist es aber ein tolles Feature. Jetzt können Sie mit einer grossen Blende für einen unscharfen Hintergrund sorgen, oder einfach superschnelle Bewegungen einfrieren. Wie genau das in der Praxis funktioniert, zeige ich Ihnen, wie eingangs erwähnt, in Teil 2.