Fotografieren von einzigartigen Guarneri und Stradivari Geigen

von Atelier Cels

Balthazar Soulier und Josselin Riehl vom Atelier Cels geben einen Einblick in die fotografische Dokumentation zweier emblematischer Geigen aus einer Privatsammlung. Die 303 Jahre alte Geige "Benno Walter" von Antonio Stradivari aus dem Jahr 1718 und die 277 Jahre alte Geige "Sainton" von Giuseppe Guarneri 'del Gesù' aus dem Jahr 1744, dem letzten Jahr des kurzen Lebens von Guarneri. Entdecken Sie den Fotografie- und Dokumentationsprozess dieser einzigartigen Geigen mit modernster broncolor Lichttechnik.

Das Atelier Cels sind anerkannte Spezialisten auf dem Gebiet der Konservierung und Begutachtung von feinen alten Streichinstrumenten. Seit vielen Jahren arbeitet Atelier Cels mit broncolor Beleuchtung, die eine hervorragende Lichttreue und Reproduzierbarkeit gewährleistet. Dies ist eine der entscheidenden Anforderungen im Bereich der Kulturerbefotografie.


Hochwertige Fotografie liefert wesentliche Informationen über Form, Motiv, Textur und Farben der Oberflächen. In Verbindung mit der UV-Beleuchtung ermöglicht die Fotografie auch die genaue Lokalisierung des Originallacks und möglicher Verunreinigungen.

Giuseppe Guarneri del Gesù violin from 1744
Giuseppe Guarneri ‘del Gesù’ Violine von 1744 (rechts mit UV Beleuchtung)


Geigen stellen eine echte Herausforderung für die Farbfotografie dar. Die Nuancen des Farbspektrums sind äusserst subtil, von gelb-orange bis zu transparenten Rottönen. Die komplex gewölbten Oberflächen, die mit glänzenden, transparenten Schichten überzogen sind, erzeugen störende Reflexionen und Schatten. Zudem verändert sich das Motiv des Holzes je nach Lichteinfall. Mikrodetails und Farbnuancen müssen mit grösstmöglicher Präzision charakterisiert werden, um die Besonderheiten eines jeden Instruments zu erfassen und Veränderungen im Laufe der Zeit zu erkennen.


"Es ist wichtig, extrem scharfe Bilder über eine grosse Tiefenschärfezu erzeugen und dabei Verzerrungen und störende Reflexionen zu vermeiden. Da wir oft im Stacking-Modus fotografieren, benötigen wir bei jeder einzelnen Stacking-Aufnahme ein identisches und leistungsstarkes Licht. Genaue und reproduzierbare Farbtemperaturen sind entscheidend, um mögliche Veränderungen im Laufe der Zeit zu erkennen und zu überwachen."
Balthazar Soulier, Atelier Cels

Stradivarius violin - Antonio Stradivari Benno Walter violin from 1718
Antonio Stradivari 'Benno Walter' Violine von 1718


Geigen sind eine echte Herausforderung für die Farbfotografie

Digitizing a centuries old Stradivarius balthazar soulier

Im Bereich des kulturellen Erbes sind Wiedergabetreue und Reproduzierbarkeit die wichtigsten Ansprüche beim Fotografieren. Man sollte jegliche Bildbearbeitung vermeiden und wir benötigen daher eine ausgezeichnete Lichtqualität. Um eine hohe Reproduzierbarkeit zu erreichen, brauchen wir Beleuchtungsgeräte, die eine konstante Leistung und Farbtemperatur liefern. Aus diesem Grund arbeiten wir seit vielen Jahren mit broncolor.

Der Beleuchtungsaufbau
Um die Lichtverhältnisse für jedes unterschiedliche Instrument zu reproduzieren, ist der Beleuchtungsaufbau immer gleich.

Die Blitzköpfe werden seitlich zum Instrument positioniert, um störende Reflexionen durch die glänzende Oberfläche des Lacks zu vermeiden. Der genaue Winkel/die Position muss an die Wölbung der jeweiligen Geige angepasst werden.
Bis auf die Rückansicht werden 4 Softboxen für eine homogene Ausleuchtung verwendet. Zwei oberhalb und zwei unterhalb des Instruments. Aufgrund ihrer hohen Farbsättigung und einfachen Handhabung sind kleine Softboxen (35 x 60) die beste Wahl.
Wenn Rückseiten von Geigen aufgenommen werden, muss die Konfiguration aufgrund der speziellen Beschaffenheit des Holzes angepasst werden. Geigen sind in der Regel aus geflammtem Ahornholz gefertigt, das die Besonderheit hat, je nach Lichteinfall farblich zu schwanken. Um diese Flammen gleichmässig sichtbar zu machen, muss man die Rückseite aus einer einzigen Richtung beleuchten. Also verwenden wir zwei Softboxen von oben und um den leichten Schatten, der durch die Wölbung entsteht, auszugleichen, setzen wir zwei Reflektoren mit engen Gittern als punktförmige Aufhellung auf den unteren Teil der Rückseite. Um die nötige Leistung und eine konstante Lichtqualität zu haben, verwenden wir broncolor Pulso G Leuchten, die von zwei Scoro S Generatoren mit 3200 Joules betrieben werden.


Für den Hintergrund werden zwei 90 x 120 Softboxen für eine gleichmässige und helle Ausleuchtung der weissen Rückwand verwendet. In Kombination mit schwarzen Vorhängen (zur Vermeidung von Rückreflexionen) erhält man so eine gut definierte Kontur der abgerundeten Kanten der Violine. Ein perfekter weisser Hintergrund erlaubt es, den Hintergrund für Publikationszwecke nicht ausschneiden zu müssen.

Stradivarius violin - Antonio Stradivari Benno Walter violin from 1718
Antonio Stradivari 'Benno Walter' Violine von 1718


"In unserem Fall ist es sehr nützlich, die Leistung aller Blitzgeräte vom Computer oder iPad aus zu steuern, da wir auch die Einstellung unserer Kamera in einem Tethered-Modus vom Computer aus steuern. Das spart nicht nur Zeit, sondern ist auch viel sicherer, da es unnötige Bewegungen am Gerät vermeidet. Das ist auch besonders wertvoll, wenn wir zwischen UV- und sichtbaren Lichtaufnahmen abwechseln. So können wir alle Einstelllichter ausschalten, ohne dass wir uns bewegen müssen. Da wir oft im Stacking-Modus fotografieren, brauchen wir bei jeder einzelnen Stacking-Aufnahme ein identisches und leistungsstarkes Licht."
Balthazar Soulier, Atelier Cels

Balthazar Soulier Atelier Cels


Als Pionier in Sachen Digitalisierungstechniken setzt das Atelier Cels auch den broncolor Scope D50 ein, um die Geigen mit allen möglichen Beleuchtungswinkeln aufzunehmen. Mit der Reflectance Transformation Imaging (RTI)-Technologie wird es möglich, den Einfallswinkel des Lichts virtuell zu verändern. Die sich verändernden Muster des Holzes werden auf eine noch nie dagewesene Weise sichtbar. Man kann das Aufblitzen und die dreidimensionale Wirkung der unterschiedlichen Lackebenen virtuell spüren. Damit wird ein neuer Weg in der Digitalisierung von historischen Holzobjekten beschritten.

Stradivarius, aufgenommen mit dem Scope D50

Verwenden Sie Ihre Maus oder Ihren Finger, um mit der Stradivarius unten zu interagieren. Rufen Sie den Vollbildmodus mit der Quadrattaste auf, zoomen Sie und halten Sie die Maustaste gedrückt, um den Lichtwinkel auf dem Oberflächenmodell zu ändern.

Über Antonio Stradivari (Cremona ca. 1644 -1737)
Antonio Stradivari wird fast allgemein als der grösste Geigenbauer der Geschichte angesehen, und der Wert seiner Instrumente spiegelt diesen erhabenen Status wider. Stradivari wurde um 1644 in Cremona geboren. Seine 70-jährige Karriere war ein lebendiger Bericht über sein früheres Meisterwerk, fliessende und geniale Innovation und unauslöschliche Handwerkskunst und Kunstfertigkeit. Mit der Hilfe seiner Söhne Francesco und Ombono baute Stradivari fast tausend Instrumente, von denen etwa 650 erhalten sind. Sie zeichnen sich gleichermassen durch ihre exquisite Handwerkskunst, ihre Materialien und ihre unübertroffene Klangqualität aus.

Der Höhepunkt von Stradivaris Karriere wird als die Goldene Periode bezeichnet und dauerte etwa von 1700 bis 1720. In dieser Zeit wurden zahlreiche Instrumente der Superlative gebaut, die als Wahrzeichen des Stradivari-Erbes gelten.
Neben der Konzeption und Verarbeitung wurde Stradivaris Lackierung legendär, da es niemandem nach ihm gelungen ist, den gleichen optischen Effekt zu reproduzieren. Er zeichnet sich durch eine aussergewöhnlich leuchtende und tiefgründige goldene oder rote Farbe auf einem besonders reflektierenden Goldgrund aus, die die Holzstruktur hervorhebt.

Über Bartolomeo Giuseppe Guarneri 'del Gesù' (Cremona 1698 - 1744)

Giuseppe Guarneri 'del Gesù' ist neben Stradivari der am meisten geschätzte Geigenbauer aller Zeiten, obwohl der deutliche Unterschied in Aussehen und Klang seiner Instrumente zu denen von Stradivari einen Vergleich fast unmöglich macht. Giuseppe wurde bei seinem Vater, Giuseppe Guarneri filius Andreæ, ausgebildet und assistierte ihm von etwa 1714 bis 1722. In diesem Jahr verliess er das Haus seines Vaters, um zu heiraten, und scheint den Geigenbau für einige Jahre aufgegeben zu haben. Die frühesten bekannten Instrumente, die vollständig seine eigene Arbeit sind, stammen aus den späten 1720er Jahren, aber erst 1731 begann er, das Etikett mit dem Monogramm IHS ("Iesus Hominem Salvator": "Jesus Retter der Menschen") einzufügen, was zu seinem Spitznamen "del Gesù" führte. Viele bedeutende Solisten seit Pagagnini haben Del Gesu' Geigen denen von Stradivari vorgezogen. Aufgrund seines relativ kurzen Lebens sind Guarneri-Instrumente sehr selten. Etwa 200 Geigen sind bekannt.